My Own Bounce Card

Zeitweilig werde ich gefragt, wie ich es denn mit dem Blitzen halte. „Meist gar nicht.“ ist meine Standardantwort. Ich bevorzuge vorhandenes Licht, neudeutsch „Available Light“ genannt. Da kommt man dann schon öfters in ISO-Bereiche, in denen auch moderne Kamerasensoren selbst mit futuristischer Elektronik und Software ein Rauschen nicht mehr vermeiden können. Gut, Korn hatten wir auch früher. „Atmosphäre!“ Ja, manchmal aber auch nur Hilflosigkeit. Wie wir es drehen und wenden, manchmal geht ohne Blitzlicht gar nichts. Und dann wäre eine Bounce Card nett.

My Own Bounce Cards
My Own Bounce Cards: eine etwas warmtoniger, die andere kalt im Farbton

Die meisten DSLRs und spiegellosen Systemkameras verfügen über einen eingebauten Blitz, auch „Funzerl“ genannt. Der ist (nicht an jeder Kamera) zum Auslösen externer Blitzgeräte geeignet, selten zu mehr. Also Aufsteckblitz. Ja, aber direktes Blitzen macht Gesichter bleich und flach, dafür die Schatten beinhart. Es geht auch anders: indirekt blitzen.

Als nächster Schritt kommt dann der seit Jahrzehnten wohlgepflegte Tipp, über Wände oder Decken zu blitzen. Das streut das Licht, macht es weicher. Richtig. Ist aber auch nicht ganz einfach, denn an manchen Orten – ein guten Beispiel sind Kirchen – ist die Decke zu hoch, um auch mit dem stärksten Blitzgerät auf diesem Weg noch ausreichend Licht zu reflektieren. Und dann noch diese Gemeinheiten mit holzgetäfelten oder rot gestrichenen Decken und so! Den Farbstich bekommst du nie wieder aus den Bildern. Wände sind auch häufig gefärbt oder zu nah/zu weit.

Keep It Simple!

In Wahrheit gibt es nur sehr wenige Möglichkeiten, ein Lichtsetup zu finden, das

  1. wiederholbar einwandfrei funktioniert und
  2. zuverlässig gleichmäßige Ergebnisse liefert

Möglichkeit 1 sind Reflektoren, Streuscheiben, Lichtformer, Blitzschirme, Softboxen. Wenn du dein Auto immer unter der Achsel hast, hast du auch dein Studio immer dabei. Was aber, wenn du mit kleiner Ausrüstung (Fototasche oder Fotokoffer) das Auslangen finden musst?

Möglichkeit 2 sind „Bounce Cards“, also Reflektoren, die du meist direkt auf deinem Blitzgerät (nur sinnvoll mit schwenkbarem Kopf) montieren kannst, um indirekt zu blitzen. Die können immer mitreisen, passen in die Fototasche ebenso wie in den Koffer und wiegen auch fast nichts. Bounce Cards gibt es fertig in verschiedensten Ausführungen. Ich habe mir meine eigenen gebaut.

Die Bastel-Anleitung

Die Kosten halten sich in Grenzen: Wir brauchen nämlich nur drei Dinge, um die für mich perfekten Bounce Cards herzustellen: weißer Moosgummi (im Bastlergeschäft), Gaffaband („Gaffa Tape“, aber bitte in Schwarz; in Musikhäusern, weil bei jedem Bühnenauftritt unerlässlich, oder im Versandhandel) und Klettband (Im Schneiderzubehörgeschäft). Das war’s auch schon.

Ich gebe dir jetzt eine Anleitung für eine Bounce Card, wie ich sie unterwegs verwende. In stationärer Umgebung schauen meine Bounce Card sehr ähnlich aus, ist aber deutlich größer (etwa A4).

Zunächst schneidest du ein Trapez aus dem Moosgummi: Die ungefähren Maße siehst du hier:

Maße der Bounce Card
Maße der Bounce Card

Nimm die Maße als Anhaltspunkte, du musst dich nicht sklavisch dran halten. Die angegebene Größe hat sich bei mir für unterwegs als gut brauchbar herausgestellt.

Danach klebst du mittig, wie ebenfalls oben zu sehen, ein Stück Gaffa Tape. Gaffa Tage ist üblicherweise schwarz und sollte es in diesem Fall auch sein. Es schluckt Licht in der Mitte, vermeidet so die beim Blitzen oft störenden Glanzstellen in den Gesichtern und sorgt so für eine bessere, homogenere Lichtverteilung. Wer’s aus dem Stand heraus nicht glaubt – und das steht jedem zu -, der möge es selbst versuchen.

Danach drehst du die Bounce Card um und klebst am unteren Rand das Klettband auf:

Klettband aufkleben
Bounce Card mit aufgeklebtem Klettband für die Befestigung der Card auf dem Blitzgerät

Das Klettband sollte so lang sein, um den Moosgummi gut an deinem größten Blitzkopf befestigen zu können. Ein Metz Stabblitz 45 CT/CL wird beispielsweise ein etwas längeres Klettband benötigen als ein Nikon SB-910.

Nun haben wir unsere Bounce Card fertig.

Die Befestigung

Jetzt noch ein paar Worte zur Befestigung auf deinem Blitzgerät. Üblicherweise sieht man Bounce Cards so wie auf dem folgenden Bild montiert.  Es soll dich nicht irritieren, dass die Blitzrichtung jetzt anscheinend nur zur Decke geht. Das ist schon richtig so.

Blitzmontage wie üblich: an der Breitseite des Blitzkopfs
Blitzmontage wie üblich: an der Breitseite des Blitzkopfs

Funktioniert bereits recht gut. Ich persönlich habe schon wieder meine eigene Methode: Ich montiere die Bounce Card bei gedrehtem Blitzkopf an dessen Schmalseite:

Blitzmontage wie üblich: an der Breitseite des Blitzkopfs
Blitzmontage a la Weinzettl: an der Schmalseite des Blitzkopfs

Wenn dann Personen das Objekt meiner Fotobegierde sind, klappe ich den oberen Teil des Blitzes, also den Blitzkopf nach unten. 45° passt für mich meistens, einfach die Unterschiede selbst austesten, Du wirst möglicherweise über die Ergebnisse staunen.

Schon wieder eine „Glaubensfrage“? Selbe Antwort wie zuvor: Es möge jeder mal für sich ausprobieren und seinen Weg selbst finden. Du wirst sehen…

Wohin mit dem Blitz?

Aber wo soll nun der Blitz positioniert werden? Üblicherweise steckt er doch auf der Kamera selbst, oberhalb des Objektivs. Mit der hier gezeigten Bounce Card sind bereits auf diese Weise recht ansehnliche Resultate erzielbar. Gar kein Vergleich zum direkten Blitzen. Besser werden die Ergebnisse allerdings, wenn du es schaffst, dein Blitzgerät (links) neben der Kamera zu befestigen. Der Mensch ist ein seltsames Tier. Die meisten Menschen nehmen – frag dich mal mit Beispielfotos durch deine Bekanntschaft (ohne zu sagen, warum) – einen weichen Schatten von links oben nach rechts unten als natürlich und angenehm wahr.

Um den dafür notwendigen Einfallswinkel für das Blitzlicht zu erzielen, verwende ich eine spezielle Blitzschiene mit Aufsatz, die die Kamera und das links, leicht oberhalb der Kamera platzierte Blitzgerät miteinander verbindet. Die von mir verwendete Lösung heißt „V-H Flip Bracket“ und ist im Lastolite Professional-Sortiment unter der Artikel-Nummer LAS2408 zu finden. Sie lässt sich sowohl für Hoch- als auch für Querformat umstellen und einsetzen.

Es gibt aber auch einen Nachteil dieser Lösung: Sie ist definitiv nichts für Weicheier! Das Krafttraining kannst du dir an einem Tag, an dem du mit der Kombination arbeitest, locker sparen.

Genug gelabert. Ich wünsche dir viel Spaß mit deiner neuen Bounce Card!

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