Workflow und Bildablage für Fotografen

Kürzlich, bei einem Fotostammtisch, wurde mir die Frage gestellt, wie denn ich meine Bilder ablegen bzw. wie ich von der Kamera weg meinen Workflow gestalten würde. Der Hintergrund der Frage war, dass die Bildablage über die Jahre bei vielen Anwendern ungeheure Datenmengen erzeugt und ein Chaos hinterlässt, das das spätere Auffinden von Bildern sehr schwierig gestaltet.

In unserem Haus fotografieren wir, meine Liebste und ich, mit verschiedenen Kameras, fast ausschließlich in RAW-Formaten. JPEGs speichern wir nur dann zusätzlich auf den Kamera-Speicherkarten, wenn sie sofort (z.B. gegen Ende einer Hochzeitsfeier) für eine Vorführung zur Verfügung stehen sollen oder für ein News-Medium gebraucht werden. Niemals verwende ich ausschließlich JPEGs, so gut diese heute auch sein mögen. Bereits für einen nachträglichen Weißabgleich (denke bitte an Kunst- oder gar Neonlicht) fehlen beim JPEG meist bereits entscheidende Datenteile.

Ich entwickle meine Aufnahmen in Lightroom von Adobe. Mit einer Kaufversion (V5.7), die heute nicht mehr dem aktuellen Standard entspricht, wiewohl ich auch über die Lizenz für Lightroom 6 verfüge. Die Entwicklung der Bilder interessiert uns in diesem Artikel nicht, der betrifft hauptsächlich Bildablage und Verwaltung der Bilddaten.

Ordner-Organisation

RAW Files lege ich in meinem Workflow innerhalb eines Ordnersystem ab, das auf meiner Festplatte bereits für ein Mindestmaß an Ordnung sorgt. Es handelt sich dabei nur um meine persönliche Ablage; diese Zeilen sind keine Empfehlung und entsprechen auch keinen (allgemein gültigen) Regeln.

Jeder Workflow beginnt bereits bei der Vorbereitung: So sieht die Ordnerstruktur für meine Ablage aus.
Jeder Workflow beginnt bereits bei der Vorbereitung: So sieht die Ordnerstruktur für meine Ablage aus.
__0 Forum

enthält alle Bilder, die für Forenartikel und Homepage gedacht sind.

_0 Galerie

ist eine Sammlung fertiger Endprodukte für die Webgalerien aus verschiedensten Archivordnern. Spaziergänge, Fotosessions und Events werden direkt aus den jeweiligen Archivordnern beschickt, aber für Portfolio-Galerien wie z.B. „Color & Form“, „Portraits on the Fly“ kommen die Bilder nicht aus einer Aufnahmenserie, sondern von vielen verschiedenen Ordnern. Da liegen dann Kopien in Endfassung in diesem Ordner.

_1 Unbearbeitet

verwende ich heute kaum mehr. Dieser Ordner beinhaltet noch ein paar alte Aufnahmen aus der Urzeit, deren Bearbeitung derzeit nicht möglich ist. Z.B. finden sich dort Aufnahmen aus der Zeit der Kodak Photo-CD.

_2 In Bearbeitung

Nomen es Omen. Bei mir finden sich dort Fotosammlungen, an denen aktuell gearbeitet wird. Ich schreibe viel, veröffentliche immer wieder Bilder und arbeite daher oft an bis zu zwanzig Ordnern gleichzeitig. Die Bildsammlungen verbleiben dort, bis sie als „fertig“ ins Archiv wandern.

Innerhalb des Ordners _2 In Bearbeitung siehst du eine Reihe von Unterverzeichnissen. Einige Ordnernamen beginnen mit „00“, andere Namen beinhalten Datumsangaben – zwecks brauchbarer Sortierung im Dateiexplorer im Format YYYYMMTT:

Ordnerstruktur
Odnerstruktur

Mit „00“ beginnende Ordner wie z.B. „00 Frankenland + Böhmen“ beinhalten komplette Bildersammlungen aus mehreren ursprünglichen Ordnern, die unmittelbar nach ihrer Entstehung noch getrennt bearbeitet worden waren. Im Laufe der Jahre haben sich aber mehrere Fotoserien aus derselben Gegend bzw. zum selben Thema ergeben. Wenn ich veröffentlichen will, verschiebe (nicht kopiere) ich alle das Thema betreffenden Ordner in einen Überordner. Danach erstelle ich ein übergreifender Lightroom-Katalog.

Andere Ordner wie z.B. “ 20150320 Sonnenfinsternis in Wien Mariahilf“ tragen zuerst den Aufnahmetag, danach eine Kurzbeschreibung, die das Auffinden über den Explorer (beim Mac über den Finder) erleichtert. Wie diese Ordner innen organisiert sind, siehst du später.

_3 Fotostream

ist, denke ich, selbsterklärend.

_4 Familie

Hier liegen alte Familienaufnahmen. Fast jeder hat daheim eine Schuhschachtel, in der sich Familienfotos aus Jahrzenten finden. An langen Winterabenden, vor dem imaginären Kamin, schaffe ich es manchmal, wieder ein paar dieser alten Aufnahmen zu scannen und ins Web zu stellen.

_5 Sonstiges

In diesem Ordner liegen hauptsächlich Fotos, die zu Dokumentationszwecken gebraucht werden (Unfallschaden, Blitzschaden, defekte Versandverpackung etc.).

_9 Archiv

enthält alles, was bereits bearbeitet wurde und aktuell nicht benötigt wird.

Und nun zum Workflow

Fotos im RAW-Format warten auf der Speicherkarte auf Behandlung. Zur Bildablage importiere die RAWs in das Verzeichnis _2 In Bearbeitung, und zwar in einen Unterordner eines neu erstellten Ordner, der das Datum der Aufnahmen zuzgl. einer Kurzbeschreibung trägt. Zur Arbeitserleichterung liegt ein Ordner mit dem Namen „Neu“ bereits vor, dessen Kopie ich dann umbenenne:

Session-Ordner
Neuen Ordner für eine Session oder ein Event erstellen

Jetzt heißt der Ordner z.B. „20160926 Donaukanal + Ruprechtskirche Wien“. Die Unterverzeichnisse sind oben sichtbar. Aber warum so viele?

Den Ordner „JPEG“ benötige ich nur, wenn ich neben den RAWs noch JPEGs gespeichert habe. Wie oben erklärt, kommt es bei mir kaum vor. Der „raw“-Ordner erklärt sich von selbst, bleibt aber zunächst leer. Den Ordner „raw-alt“ brauche ich nur temporär; er nimmt aber zunächst die RAWs der Speicherkarte auf. „web“ und „work“ brauchen wir später (oder manchmal auch nicht).

Wozu die Sache mit den zwei „raw“-Ordnern?

Nachdem ich die Fotos auf den Rechner kopiert habe, importiere ich sie in einen Lightroom-Katalog, der auf gleicher Ebene wie die oben gezeigten Ordner liegt.

Es gäbe auch die Möglichkeit, alle Ordner grundsätzlich in einen einzigen, riesigen Katalog zu verfrachten. Das hat aber den Nachteil für den reibungslosen Workflow, dass ich bereits nach dem Verschieben oder Umbenennen eines „raw“-Ordners die Bilder in Lightroom vor einer Weiterbearbeitung allesamt neu verlinken müsste. Bei großen Bildmengen wird das schnell lästig.

Ich verwende beim Lightroom-Import eine Einstellung, die allen RAWs in der Ablage nach dem Import das Erstellungsdatum samt Aufnahmezeit im Dateinamen verpasst. Im Ordner „raw-alt“, unmittelbar nach dem Kopiervorgang, fehlt ihnen das Erstellungsdatum noch.

Importeinstellungen für Lightroom
Importeinstellungen für Lightroom

Die wichtigsten Einstellungen sind rot markiert, ich setze in diesem Arbeitsgang auch gleich die notwendigsten Schlagworte. Auch stelle ich über eine benutzerdefinierte (Entwicklungs)Vorgabe sicher, dass Kamera- bzw. Objektivprofile bereits richtig aktiviert sind. Die Copyright-Einstellungen schreibe ich beim Import ebenfalls korrekt in die Datenbank.

Noch ein Wort zur Umbenennung der Originaldateien: Es gibt einen entscheidenden Grund, warum ich das Datum samt Uhrzeit in den Dateinamen verankert haben möchte: Ich kann nur eindeutige Namen brauchen. Leider verfügen Kameras, die ich kenne, nur über einen sehr begrenzten Zähler, der bei den meisten Herstellern nur vierstellig ist. Das führt ohne Erstellungsdatum und -zeit dazu, dass z.B. im Windows Explorer mit einem Dateinamen als Suchbegriff mehrere gleichnamige, aber verschiedene, Fotos gefunden werden. Bei der Menge an Bildern, die ich verwalte, passierte das früher etwa ein- bis zweimal pro Monat. Mit der Datums-Zeit-Angabe ist das ausgeschlossen.

Nach erfolgreichem Lightroom-Import ist der Ordner „raw-alt“ leer und wird gelöscht. Alle RAW-Dateien im neuen „raw“-Ordner tragen nun die gewünschten Namen.

Alternativ könnte ich auch direkt von der Speicherkarte mit Namensänderung verschieben. Das würde den „raw-alt“-Ordner einsparen, aber die Sicherheit minimal senken. Wenn beim Umbenennen und Verschieben etwas schief läuft, habe ich immer noch die Daten der Speicherkarte.

RAW, TIFF, PSD und DNG

"raw"-Ordner-Inhalt
So kann es in einem „raw“-Ordner aussehen.

Dem aufmerksamen Betrachter, also dir, ist sicher nicht entgangen, dass das obige Bild im „raw“-Ordner nicht nur RAWs, sondern auch TIFFs zeigt. Warum ist das so?

Habe ich bereits bearbeitete Fotos, die z.B. aus einem anderen RAW-Entwickler stammen, der besser ist als LR, so kommen die ebenfalls in den Ordner mit den RAWs und werden ebenso importiert wie die RAWs. Das können TIFFs, PSDs sein. In solchen Fällen staple ich das RAW und die Entwicklungsstufen, die letzte Bearbeitung immer oben im Stapel. Ähnliches passiert, wenn ich ein Bild außerhalb von Lightroom bearbeiten muss. Das kommt beispielsweise vor, wenn ich Freistellungen oder Panoramas erstellen soll. Die obigen TIFFs stammen von (späteren) Bearbeitungsschritten.

DNGs anstelle von RAWs können auch vorkommen, und zwar wenn ich Dateien vorliegen habe, die ich vor Jahren noch nicht umbenannt, aber bereits bearbeitet habe. Dann exportiere ich sie in den Lightroom als DNGs, so bleiben die Entwicklungseinstellungen, Stichwörter, GPS-Daten und Copyrighteinstellungen etc. erhalten. Nach dem neuerlichen Import der umbenannten Bilder lösche ich die alten RAW Files.

Die reine Bildablage ist nun erledigt. Mein nächster Arbeitsschritt im Workflow ist die Bewertung der importierten Bilder, das kann zwar dauern, erspart aber später eine Menge Arbeit. Technisch verpatzte Fotos markiere ich zur späteren Löschung. Die verbleibenden Bilder bewerte ich mit einem bis drei Sternen. Drei Sterne bekommen nur Fotos, deren Weiterverarbeitung ich später in Angriff nehmen will. Danach erfolgt eine erste Bereinigung, die zur Löschung vorgesehenen Fotos lösche ich. Nicht nur aus dem Lightroom-Katalog, sondern auch von der Festplatte. Die Ein-Stern-Bilder müssen später, nachdem alle Bilder bearbeitet wurden und klar ist, dass keine Bildteile mehr benötigt werden, auch noch dran glauben.

Verschlagwortung und Verortung, wesentlich für einen effizienten Workflow

Eine umfassende Verschlagwortung folgt nun. Je detaillierter diese ist, desto besser können später Fotos themenweise ausgehoben werden. Ist die Verschlagwortung abgeschlossen, exportiere ich die Schlagwortliste und speichere sie im RAW-Ordner als Textdatei. Die Schlagworte schreibt Lightroom nämlich direkt in TIFF-Dateien, in JPEGs, in DNGs – aber nicht in die RAW-Daten. Windows Explorer findet verschlagwortete Fotos also nur, wenn sie nach Abschluss aller Entwicklungsschritte in TIFF- oder JPEG-Formate exportiert worden sind. Was bei mir nicht so oft geschieht. Windows Explorer findet Schlagworte in DNGs, obwohl dort vorhanden, leider auch nicht. Das würde die Arbeit wesentlich erleichtern, aber auch Fadesse aufkommen lassen. Haben sich Microsoft und Adobe wahrscheinlich gedacht.

Was ich heute auch noch mache: Neuere Bilder tragen in sich bereits allesamt GPS-Daten, ältere aber selten bis gar nicht. Bearbeite ich ältere Bilder, so werden diese mittlerweile – zumindest grob – in Lightroom auch verortet. Das geht recht flott, in solchen Fällen reicht es mir, Fotos aus Nürnberg gemeinsam mit den GPS-Daten des Nürnberger Zentrums zu verknüpfen.

Entwicklung

Nach einer Basisentwicklung, von mir aus auch mit ein paar Finessen, übergebe ich die wenigen Bilder, für deren weitere Bearbeitung Lightroom nicht ausreicht – und das sind bei mir nur mehr ganz wenige -, von Lightroom aus an Photoshop, wo die Fertigstellung erfolgt. Photoshop speichert solche Bilder (siehe oben) ebenfalls im RAW-Ordner und stapelt sie automatisch mit der Ausgangsdatei.

Brauche ich TIFFs, z.B. für den Druck, so werden diese danach über die Exportfunktion von Lightroom in einen speziellen Ordner („work“) ausgegeben. Das gleiche Prozedere gilt für JPEGs (Ordner „web“), die fürs Web benötigt werden.

Innerhalb eines Ordner für eine Fotosession befinden sich vor der Archivierung also folgende Ordner:

Session-Ordner vor der Ablage
Session-Ordner vor der Ablage

Ja, natürlich: Ich verwende, wie schon erwähnt, nicht einen riesigen, einzigen Katalog für alle Fototermine und -sessions, sondern jeweils eigene. Der zum Gesamtordner gehörige Lightroom-Katalog trägt auch die Bezeichnung der verwendeten Lightroom-Version. Kann wichtig sein, wenn ich aktuell eine andere Lightroom-Version (auf einem anderen Rechner) verwende: Die Katalog- bzw. Datenbank-Formate passen zwischen den verschiedenen Versionen niemals zusammen.

Themensammlungen beschleunigen den Workflow

Ausnahmen bei der Ablage sind nur Themen, die ich (für Projekte) sehr oft bearbeitet habe oder noch bearbeiten muss und zu einem Gesamtthema weiterverarbeiten werde. Da sieht das dann z.B. so aus:

So sieht es innerhalb einer Themensammlung aus.
So sieht es innerhalb einer Themensammlung aus.

Und bei Buchprojekten kann’s dann schon mal ein wenig umfangreicher werden. Dann quillt der „work“-Ordner vor Unterverzeichnisssen schon fast über. Zumindest dort, wo ich die druckfertigen Daten lagere:

So sieht der Ordner "work" bei Buchprojekten aus: Er platzt aus allen Nähten.
So sieht der Ordner „work“ bei Buchprojekten aus: Er platzt aus allen Nähten.

Das Ergebnis

Was verbleibt nach all der Arbeit an Daten auf der Festplatte? Die brauchbaren RAW-Dateien (im ursprünglichen RAW- oder im DNG-Format – RAW dringend empfohlen!), JPEGs von Bildern, ich ins Web stelle, in „web“-Ordnern, Druckdateien in „work“-Ordnern sowie die Lightroom-Kataloge. Recht übersichtlich. Eine Stichwortsuche über den Windows Explorer führt entweder direkt  zu den betreffenden JPEGs oder TIFFS, zumindest aber zur passenden Stichwortliste, die im jeweiligen „raw“-Ordner liegt.

Soweit mein Workflow für Lightroom. Nachdem ich die RAW Konverter-Software geändert habe, hat sich auch mein Workflow ein wenig angepasst. Dazu gibt es einen späteren Artikel in unserem Blog.

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