Teneriffa – Tag 4

Garachico und Masca stehen heute auf dem Programm. Wir wollen Teneriffa schälen wie eine Zwiebel, Schicht um Schicht. Garachico soll ein bezaubernder Hafen mit einer sehenswerten Altstadt sein. Masca liegt wiederum in den Bergen. Dort, in der berüchtigten Masca-Schlucht, hat meine Ehefrau vor Jahren ein paar Zehennägel verloren und einen Muskelkater gewonnen, den sie – nach ihrer Aussage – noch Wochen später gespürt hat. Sie weigert sich daher, diese Schlucht nochmals zu durchqueren. Manchmal hast du Glück.

Nochmals Icod del los Vinos

Zunächst aber Garachico. Google Maps – unser Navi hatten wir zu Hause gelassen – führt uns nach Icod del los Vinos und dort gen Himmel. Klingt komisch, ist es auch. Diese Steigung vergesse ich so schnell nicht. Der kleine Hyundai auch nicht. Im ersten Gang keucht er hinauf. Nur nicht stehenbleiben, da kommst nicht mehr weg ohne die Kupplung abzubrennen. Vorbei an Häusern, deren beste Zeiten auch schon lange vorbei sind.

Als Fotograf liebe ich malerischen Verfall, auch auf Teneriffa...
Als Fotograf liebe ich malerischen Verfall, auch in Teneriffa…
...und davon gibt es hier reichlich.
…und davon gibt es hier reichlich.
"Tür mit Fenstern."

Als die schier endlose Steigung doch endet, weitet sich die Gasse, und rechterhand wird ein Café sichtbar. Ein paar Männer, die mit Girlanden die Straße schmücken – schließlich ist heute Teneriffas Nationalfeiertag. Acht Männer, einer auf der Leiter, einer knapp darunter, sechs andere „assistieren“.

Ein Arbeiter und vier Zusher.

Der Wagen braucht Abkühlung, wir auch; es ist heiß in Teneriffa. Dieses Café finden Touristen nicht, außer uns verwendet offensichtlich keiner Google Maps. Der Wirt spricht perfekt Spanisch, wir Deutsch und Englisch. Man einigt sich auf Getränke. Die Bedienung, wahrscheinlich der Besitzer selbst, ist supernett, auch wenn er uns nicht versteht. Wir fühlen uns wohl.

Plötzlich kommt die Sonne raus. Vis a vis sehen wir die weiße Turmspitze einer Kapelle. Bei näherer Betrachtung finden wir dort mehr. Unterhalb der Straße liegt eine ganz entzückende, sehr neue Reihenhaussiedlung. Unverhofft kommt oft.

Das hatten wir nach dieser Kletterei nicht erwartet.
Das hatten wir nach dieser Kletterei nicht erwartet.
Moderne Reihenhaussiedlund im bergigen Icod del los Vinos.

Garachico

Nach der Abkühlung wollen wir endlich nach Garachico. Google Maps angeblich auch. Wir folgen den Anweisungen und finden uns zehn Minuten später wieder vor der steilsten aller Gassen. Nein, so wird das nichts. Garachico liegt nicht im Gebirge, sondern an der Küste. Wir verbieten Google Maps den Mund und nehmen zur Abwechslung mal die Daumenpeilung. Geht ganz gut, wir fahren wenigstens mal in die richtige Richtung. Nach einiger Zeit zeigt uns der Bildschirm, dass Google kapiert hat.

Angekommen, suchen wir mal nach einem regulären Parkplatz. Die Situation ist ähnlich wie in Puerto de la Cruz, nur gibt es keinen Schandfleck. Sprich Parkplätze sind völlig aus. Wir wollen eben wieder die Straße nach Masca nehmen, als ein Auto vor uns aus einer Parklücke fährt. Gewonnen!

Wir schlendern die Küstenstraße entlang, ein riesiger Felsen vor der Küste, der Roque de Garachico, erinnert mich ganz kurz an Morro Bay.

Der Roque de Garachico.
Der Roque de Garachico.

Wir finden neben malerischem Verfall auch betonierte Schwimmbecken. Nur nicht die versprochene malerische Altstadt. Erst beim Rückweg von Masca werden wir sie sehen – von der anderen Seite kommend. Aber da ist es für diesmal zu spät.

Wie unfassbar schön Verfall doch sein kann.
Wie unfassbar schön Verfall doch sein kann.
Die Farbkompositionen sind manchmal berückend.
Die Farbkompositionen sind manchmal berückend.
Selten, aber doch: ein frisch gestrichenes Haus.
Selten, aber doch: ein frisch gestrichenes Haus.
Und schon wieder Verfall.

Wir schlagen uns zur Kirche durch, dort ist die Hölle los.Neben der Kirche ein Markt mit ein paar Ständen.

Kirtag? Ein Markt breitet sich aus...
Kirtag? Ein Markt breitet sich aus…
...mit Obst...
…mit Obst…
...und Gemüse.
…und Gemüse.

Gedränge, vor allem aber vor dem Kiosk mit den Getränken. Das dürfte daran liegen, dass die vielen Kellner die Gäste an den Tischen ziemlich unbeachtet lassen.

Am Kiosk mit den Erfrischungen geht es heiß her.
Am Kiosk mit den Erfrischungen geht es heiß her.
Manche warten...
Manche warten…
...andere vertreiben sich die Zeit mit Kartenspielen.
…andere vertreiben sich die Zeit mit Kartenspielen.

Nationalfeiertag eben. Meine Liebste hätte gerne einen FrappeLatte. Tja, aber kein Kellner will unsere  Bestellung aufnehmen. Also bewege ich mich zum Kiosk. Keine Chance. Beim dritten Versuch verstehe ich: FrappeLatte ist aus. Der Kellner spricht perfekt Spanisch…. Das hatten wir schon mal. Diesmal allerdings ist der Kellner gar nicht an uns interessiert. Und freundlich ist er auch nicht. Er dreht sich einfach um und geht. Gut, Masca muss nicht länger warten.

Masca

Masca liegt sehr idyllisch mitten im Gebirge. Und wenn man in Teneriffa „Gebirge“ sagt, meint man auch Gebirge. Teneriffa ist klein, die Berge sind es nicht. Der Teide, zu dem wir morgen fahren werden, misst immerhin 3.718m. In der Höhe, versteht sich. Und nur wenige Kilometer zuvor sind wir noch auf Meeresniveau. Es geht also zeitweise steil bergauf in Teneriffas Bergen.

Schmale Bergstraßen führen ins Gebirge.
Diese seltsam verschlungene Linie unter uns ist die schmale Bergstraße, die uns auch nach Masca führt.

Nach Masca beträgt die Fahrzeit ab Hotel etwas über eine Stunde, von Garachico aus aber nur mehr etwa 40 Minuten. Mit einem Auto. Mit einem Hyundai i20 nur dann, wenn du ihn auf Drehzahl hältst. So von 4000 U/min aufwärts. Sonst musst du schieben. Die Straße ist eng, bei Gegenverkehr bleibt in der Regel eine Seite stehen, die andere quetscht sich vorbei. Ah ja, und dann die Busse; selten, aber doch. Die Verhältnisse gibt es nicht nur in Teneriffa, wir kennen das auch aus Sizilien und von anderen Inseln.

Viel Gegend...
Viel Gegend…
...gleich neben dem Kreisverkehr.
…gleich neben dem Kreisverkehr.
Manchmal aber auch wirklich schöne Blicke...
Manchmal aber auch wirklich schöne Blicke…
...über felsiges Gelände.
…über felsiges Gelände.

Also packe ich aus, was noch aus frühen Rallyezeiten in mir steckt. Minus ein bisserl was, wir sind hier nicht auf einer abgesperrten Strecke. Wir schaffen es nach Masca in 32 Minuten. Die Bremsen glühen und stinken. Wir sind hungrig. Zwei Raststätten liegen ungünstig zwischen Unmengen an parkenden Autos, wir fahren weiter. Dann, gänzlich unerwartet, ein Haus linkerhand, freier Parkraum davor. Darüber ein Schild „BAR RESTAURANT MASCA“. Na, so ein Glück aber auch!

"Bar Restaurant Masca".
„Bar Restaurant Masca“. Die Stromversorgung ist, sagen wir mal, kreativ. Auch das ist Teneriffa.
Sogar der Hund ist erstaunt, hier Touristen zu finden.
Sogar der Hund ist erstaunt, hier Touristen zu finden.

Drinnen sehr … interessant. Wie eine Zeitreise. Als Frau Petzl, Gott habe sie selig, noch in Hafning in ihrem Geschäft stand. Nur die Fliegenfänger fehlen; aber schließlich fehlen auch die Bauernhöfe ringsum. Sonst alles sehr authentisch. Die Besitzerin sprich perfekt Spanisch… du kennst das schon?

Diesmal allerdings haben wir wieder Glück. Mit Händen und Füßen deutet sie auf die Tafel an der Wand. Dort steht, was heute auf den Tisch kommt. Auf Spanisch. Der Internetempfang reicht gerade mal für eine Übersetzung. Meine Frau nimmt, wie könnte es anders sein, Huhn. Ich wähle Lomo. Soll gleichberechtigt „Rücken“ oder „Lenden“ heißen. Na gut, es schmeckt jedenfalls. Die Bratkartoffel sind geschmacklich auch recht brauchbar, triefen aber vor Fett. Zwei Stunden später büßen wir für diese Leckerei. Einen Heißluftballon hätten wir beide gemeinsam locker füllen können.

Ein letzter Blick über eine Landschaft, die auch Karl May erfreut hätte.
Ein letzter Blick über eine Landschaft, die auch Karl May erfreut hätte.

Es geht wieder heimwärts, wir erholen uns vom fetten Essen, ehe wir zum Abendbüffet schreiten. Ein langer Tag hinterlässt Spuren.

Die Füße bekommen Auslauf.
Die geschundenen Füße bekommen endlich Auslauf.

Abends noch ein Bierchen mit unseren deutschen Freunden bei einem Italiener außerhalb des „Bermuda-Dreiecks“. Genau gesagt: Ich trinke ein Bier, die anderen Wein. Wir erfahren etwas mehr voneinander.

Tagebuch
TeneriffaLage, Entstehung, Klima
Der erste TagAnreise, Hotel, Puerto de la Cruz
Der zweite TagIcod de los Vinos, Parque del Drago, Abend am Strand
Der dritte TagPuerto de la Cruz
Der vierte TagIcod de los Vinos, Garachico, Masca
Der fünfte TagDer Teide, Die Pyramiden von Güímar
Der sechste TagPuerto de la Cruz
Der siebente TagPlaya de las Teresitas
Der achte TagRückreise
Die GalerieEine bildhafte Nachbetrachtung
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